Sie sprechen auf dem COP nicht nur mit potenziellen Kunden und Partnern, sondern auch mit Politikern. Welche Rahmenbedingungen benötigt Rolls-Royce, damit diese grünen Technologien kommerziell erfolgreich werden.
Die Investitionssicherheit ist ein großes Thema – auch hier auf dem COP. Die EU hat mit dem Green Deal ein riesiges Investitions-, Gesetztes- und Strategiepaket verabschiedet, um 2050 klimaneutral zu werden und schon im Jahr 2030 55 Prozent CO2-Emissionen einzusparen. Dieses beinhaltet auch die Förderung sogenannter Lighthouse-Projekte, die in Sachen Klimaschutz vorangehen. Das klingt gut, allerdings fehlen konkrete Gesetze. Und erst diese Gesetze führe zu einer Investitionssicherheit.
Die USA ist da einen Schritt weiter. Joe Biden hat mit der Verabschiedung des Inflation Reduction Acts das größte Klimapaket der USA durchgesetzt. Der ist zwar weniger ambitioniert als der Plan der EU – bis zum Jahr 2030 ist das Ziel nur eine 40-prozentige Einsparung an CO2-Emissionen – aber der Plan ist bereits ein Gesetz. Die USA investiert 369 Milliarden Dollar in saubere Technologien. Und zwar – und auch da ist ein großer Unterschied zu Europa – völlig technologieoffen. Zum Beispiel gibt es pro Kilogramm nachhaltig erzeugtem Wasserstoff eine Steuergutschrift von bis zu drei Dollar. Damit wird die USA einer der günstigsten Orte der Welt, sauberen Wasserstoff zu produzieren.
Es ist auch völlig egal, wie dieser Wasserstoff hergestellt wird, Hauptsache er ist grün. Diese Technologieoffenheit fehlt Europa leider oft. Wir neigen dazu, die Energiewende zu überregulieren, und das schadet mehr, als dass es hilft. Wenn die Speicherung erneuerbarer Energie gefördert werden soll, dann ist es doch völlig gleich, ob dies mit einem Pumpspeicherkraftwerk oder einer Power-to-X-Anlage geschieht. Das Ergebnis zählt. Da können wir in Europa von den USA lernen.
Der COP27 findet ja nicht ohne Grund in Afrika statt. Der Kontinent ist am stärkten vom Klimawandel betroffen.
Und nicht nur das, Afrika leidet nicht nur am meisten unter der Klimarkrise und spürt die Auswirkungen am direktesten. Der Kontinent hat nur einen Bruchteil der CO2-Emissionen verschuldet. Wir reichen Industrieländer haben jahrzehntelang auf Kosten des Klimas gelebt. Dieser Konflikt ist hier spürbar. Die Afrikaner erwarten, völlig zu Recht, dass wir sie unterstützen, von fossiler Energie wegzukommen.
Gleichzeitig bietet die Klimakrise afrikanischen Ländern auch die Möglichkeit, wirtschaftlich zu profitieren und grüne Energie, sei es in Form von Strom oder von Wasserstoff, zu exportieren.
Ganz genau. Es geht hier viel darum, nachhaltige Energie aus Afrika oder der Golfregion nach Europa oder in die USA zu exportieren. Es wird darüber gesprochen, Unterseekabel zu verlegen, um grünen Strom direkt nach Europa zu bringen. Auch Wasserstoff-Pipelines sind ein Thema. Doch es geht nicht nur um Strom und Wasserstoff, auch über Methanol und Ammoniak wird gesprochen. Die Kraftstoffe können aus Wasserstoff hergestellt werden und lassen sich – weil sie ja flüssig und nicht wie Wasserstoff gasförmig sind – leichter transportieren.
Welchen Einfluss hat die derzeitige Energiekrise auf die Anstrengungen, klimaneutral Energie und Antrieb zu erzeugen?
Das ist ein komplexes Thema, über das ich gerade auf einer Panel-Diskussion gesprochen habe. Wir sind in Europa leider gerade dazu gezwungen, fossilen Kraftstoff zu subventionieren, damit er sowohl für die Wirtschaft als auch für die Privathaushalte bezahlbar bleibt. Das ist natürlich nicht nachhaltig und kontraproduktiv, wenn es um grüne Energieerzeugung geht. Doch das Thema ist vielschichtiger.
Da Europa gerade diese hohen Energiepreise zahlt, fokussiert sich der Weltmarkt komplett auf diesen Kontinent. Große LNG-Tanker fahren beispielsweise an ärmeren Ländern vorbei nach Europa, weil sie hier mehr Geld für ihr Gas bekommen. Diese ärmeren Länder können es sich nicht leisten, die fossile Energie zu subventionieren und Preisdeckel einzuführen. Sie wird dort unbezahlbar und die Länder sind gezwungen, in nachhaltige Energieerzeugung zu investieren. In diesen Ländern ist die Krise schon jetzt ein Beschleuniger nachhaltiger Energie.
Mittelfristig wird das auch bei uns in Europa so sein. Alle wissen, dass unsere Zukunft in nachhaltig erzeugter Energie liegt. Wir brauchen nur noch ein wenig, bis wir so weit sind.
Letzte Frage: Wann ist die Klimakonferenz für Sie ein Erfolg?
Ich fahre mit einem guten Gefühl wieder nach Hause, wenn ich das Gefühl habe, dass es zu einer Investitionssicherheit in Europa kommt und wir es schaffen, einen Ausgleich zwischen ärmeren und reicheren Ländern zu schaffen. Nur wenn wir den ärmeren Ländern helfen, weg von fossiler Energie zu kommen, haben wir eine Chance, die Energiekrise global zu lösen. Die Technologien dazu sind da, wir müssen sie nur zum Einsatz bringen.