Als Computer Zukunft waren
Veröffentlicht am 12 Mai 2016 von Elisabeth Perkovic, Bilder von Robert Hack
Zwei Konstrukteure blicken zurück auf 30 Jahre mtu-Entwicklung
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ZustimmenAuf über 30 Jahre Entwickler-Erfahrung blicken Josef Schmitz und Hermann Baumann zurück. Von der Einführung der EDV als Entwicklungstools bis hin zu sich laufend verschärfenden Emissionsgesetzen – die beiden mtu-Entwickler mussten und müssen laufend neue Herausforderungen bewältigen.
1986, als Schmitz bei mtu anfing, arbeiteten er und Baumann, der zwei Jahre zuvor ins Unternehmen gekommen war, im selben Großraumbüro. „Jeder hatte ein Brett vorm Kopf“, schmunzelt Baumann. Die Konstrukteure von einst standen vor ihren großen Zeichenbrettern. Und Schmitz ergänzt: „Es war die Zeit der weißen Mäntel.“ Die Entwickler arbeiteten an möglichst leistungsstarken Motoren; Verbrauch und Emissionen spielten noch keine entscheidende Rolle. Sie zeichneten mit Bleistift und Tusche und trugen deshalb weiße Kittel. Damit wollten sie sich von den Werkern in der Firma unterscheiden. „In der Werkstatt hat man sie ganz selten gesehen“, erinnert sich Baumann. Heute ist das anders: Die Konstrukteure stimmen ihre Konstruktionen schon in der Entstehungsphase mit den Kollegen aus der Analytik, der Wertanalyse, der Fertigung, dem Einkauf und der Montage ab. Sie verfolgen jeden Abschnitt in der Entwicklung mit. „Das ist das Faszinierende an unserer Firma, dass wir immer das Gesamte sehen und den Entstehungsprozess eines neuen Produkts hautnah miterleben können“, erklärt Baumann.
Computer ersetzen Zeichenbretter
Ende der 1980er-Jahre gab es gravierende Veränderungen: Computergestütztes Konstruieren löste das Zeichnen am Brett ab. Während Baumann und Schmitz bereits im Studium mit CAD-Programmen gearbeitet hatten, taten sich damals viele ältere Konstrukteure schwer, den Sprung in die digitale Welt zu schaffen. Manche wollten es auch gar nicht erst versuchen. Schmitz erinnert sich: „Die anspruchsvollen Aufgaben wurden sukzessive immer mehr auf die CAD-Konstrukteure übertragen. So kam es, dass einige hoch angesehene Konstrukteure, die nicht mehr mit den neuen CAD-Tools arbeiten wollten oder konnten, zunehmend ins Abseits gerieten. Sie mussten dann an ihren Brettern eher untergeordnete Tätigkeiten, wie beispielsweise Änderungen alter Zeichnungen, ausführen.“ Dadurch sei Wissen und Können verloren gegangen, meint Baumann. Die allermeisten Konstrukteure hätten allerdings – manche zwar mit anfänglicher Skepsis - den Übergang vom Zeichenbrett zu den CAD-Systemen erfolgreich gemeistert.
Und noch etwas habe damals für Ärger gesorgt, erzählt Schmitz: „Die Geräte waren vergleichsweise teuer und die Firma hat nur wenige davon beschafft. Derjenige, der morgens zuerst kam, belegte oft den ganzen Tag einen CAD-Arbeitsplatz und der andere, der auch eine dringende Arbeit hatte, suchte verzweifelt nach einem freien Gerät.“ Um Reibereien zu reduzieren und die Auslastung der Geräte zu steigern, wurden Früh- und Spätarbeitsmodelle eingeführt. Heute dagegen hat jeder Konstrukteur selbstverständlich einen eigenen Computer-Arbeitsplatz. In der Anfangszeit wäre dies Luxus gewesen.
Die Computer-Arbeit brachte jedoch nicht nur Vorteile: „Was mit CAD schwieriger geworden war, ist ein Gespür für Dimensionen, Gewichte, Größen und Statik zu entwickeln“, erinnert sich Baumann. Während am Brett die Konstrukteure das Bauteil eins zu eins zeichneten, können die Entwickler es nun am Bildschirm beliebig vergrößern und verkleinern. „Ein guter Konstrukteur muss das Bauteil im Kopf aber immer noch eins zu eins vor sich haben“, ist sich Baumann sicher.
Geänderte Informationsbeschaffung
Früher war der Stand der Entwicklung an den Zeichenbrettern ablesbar. Die Abteilungsleiter konnten sich durch einen Bürorundgang schnell einen Überblick verschaffen und Änderungen direkt einzeichnen. Jeder konnte auf Anhieb sehen, woran gerade gearbeitet wurde, da musste nicht viel besprochen und berichtet werden.
Tabak und Alkohol waren im Büro noch toleriert
Ob Pfeife oder Zigarette – bis Anfang der 1990er war es üblich, dass im Büro geraucht wurde. Das wurde danach schließlich nicht nur aus gesundheitlichen Gründen abgeschafft, sondern vor allem deshalb, weil die Computer durch den Qualm Schaden nahmen.
Damals normal, heute nicht mehr denkbar: Bier war vor drei Jahrzehnten im Büroalltag nichts außergewöhnliches. „Als ich hierherkam, gab es das sogenannte Urlaubsbier: Wer in den Urlaub ging oder aus dem Urlaub kam, der hat für seine Kollegen eine Runde ausgegeben“, erinnert sich Schmitz. Generell habe man früher mehr Zeit gemeinsam verbracht, vergleicht Baumann: „Das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Gruppe war stärker ausgeprägt als heute.“ Dies hängt auch mit dem veränderten Tagesablauf zusammen.
Mehr Besprechungen, weniger gemeinsame Pausen
Durch gleitende Arbeitszeiten sowie durch Computer und Projektarbeit hat sich der Tagesablauf deutlich verändert. „Früher kam man morgens und hat mit dem Konstruieren begonnen. Es wurde nicht viel telefoniert und geredet. Der Konstrukteur saß den ganzen Tag, lediglich unterbrochen von Frühstücks- und Mittagspause, vor seinem Zeichenbrett und hat konstruiert“, berichtet Schmitz. Neue Entwicklungsprozesse und Methoden haben im Laufe der Jahre den Arbeitsalltag eines Konstrukteurs deutlich verändert. Heute ist das eigentliche Konstruieren nur noch ein Teil seiner Arbeit, den anderen Teil bilden diverse Abstimmungsgespräche und auch Projektarbeit. Gemeinsamen Pausen sind dadurch deutlich seltener geworden.
Vom Behördengeschäft zum Global Player
In den 1980er-Jahren war das Ziel der Firma, sehr kompakte Motoren mit möglichst hoher Leistung zu entwickeln. „Die meisten unserer Kunden waren Behörden wie beispielsweise die Deutsche Bahn oder die Marine. Kraftstoffverbrauch und Emissionen spielten damals eine eher untergeordnete Rolle“, erzählt Schmitz. „Auch hatten wir viel bezahlte Entwicklung. Kostendruck während der Entwicklung war deshalb eher die Ausnahme.“
Die Entwicklungs- und Herstellungskosten sowie geringe Verbräuche sind mittlerweile ausschlaggebende Kriterien für einen Markterfolg, und die Einhaltung von Emissionsvorschriften ist eine Grundvoraussetzung. mtu hat sich im Lauf der Zeit zu
einem globalen Play-er gewandelt. Weltweit kommen die Motoren aus den Produktionsstandorten Friedrichshafen, Aiken und Suzhou zum Einsatz. Primär für den kommerziellen Einsatz wurden im Laufe der vergangenen zwanzig Jahre die von Grund auf neu entwickelten Motorbaureihen 4000, 2000, 8000 und 1600 in diversen Anwendungsgebieten auf den Markt gebracht. Mit der Baureihe 4000 führte mtu im Jahr 1996 als erster Hersteller von Großdieselmotoren die Common-Rail- Einspritztechnologie serienmäßig ein. Einspritzbeginn, -menge, -druck und Mehrfacheinspritzung können damit frei gewählt werden, was ganz neue Freiräume bei der Motorenentwicklung erschließt.
Entwicklung neuer Motoren zeitgleich in allen Baureihen
mtu bewegt sich nun in stark diversifizierten Märkten. „In der Anfangszeit lief meistens nur ein Motorentwicklungsprojekt. Heute arbeiten wir – natürlich auch getrieben durch die Emissionsgesetzgebung – in allen Baureihen parallel an neuen Motoren für diverse Anwendungen“, schildert Schmitz.
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