Ein hybrider Antrieb ist vor allem dort geeignet, wo wir es mit einem stark intermittierenden Lastprofil zu tun haben, das heißt, Niedrig- und Spitzenlast wechseln sehr häufig. Das klassische Beispiel ist der hybride Bahnantrieb: Der Zug fährt elektrisch in den Bahnhof ein und wieder heraus, nutzt zum Beschleunigen sowohl den Diesel- als auch den Elektromotor, fährt auf ebener Strecke kraftstoffarm mit dem Dieselmotor und speichert die Bremsenergie. Hier kann der Elektromotor die Spitzenlast abfangen. Doch auch Yachten sind aus meiner Sicht prädestiniert für ein hybrides Antriebssystem. Hier geht es allerdings nicht um die Wirtschaftlichkeit, sondern um den Komfort. Wenn der Kapitän in einer schönen Bucht den Dieselmotor abstellen kann und nur noch der Elektromotor läuft, ist das einfach leiser. Auch der hohe Strombedarf auf einer Yacht kann dann durch die Batterie gedeckt werden.
Wie sieht es in der Landtechnik aus?
Mit Zeitverzug wird das auch hier kommen. In der Landtechnik kann die elektrische Energie vergleichsweise einfach auf verschiedene Verbraucher verteilt werden. Ich denke da zum Beispiel an große Mähdrescher. Die haben viele hydraulische Systeme, die nach und nach elektrifiziert werden. Der Markt ist jedoch noch wesentlich kostenintensiver als der Bahn- oder Marinemarkt, daher wird die Entwicklung noch eine Weile brauchen.
Wird mtu ein komplettes Hybridsystem liefern?
Ja, wir werden unseren Kunden smarte Gesamt-lösungen zur Verfügung stellen. Diese enthalten nicht nur einen Motor, sondern ein ganzes Paket – von der Beratung über das Energie- oder Antriebssystem selbst bis hin zum Langzeit-Wartungsvertrag. Das ist bequemer, smarter und in Summe auch günstiger für unsere Kunden, als wenn sie das System selbst auslegen, die Einzelkomponenten beschaffen, integrieren und warten würden.
Toyota hat mit dem Prius schon vor gut 20 Jahren ein Hybridfahrzeug vorgestellt. Warum sind im Off-Highway-Bereich Hybridantriebe noch Exoten?
Ja, Pkw und Stadtbusse fahren schon lange mit Hybridantrieben. Auch wir haben bereits 2006 erste Untersuchungen angestellt und im Jahr 2012 den ersten Hybridzug auf die Schiene gebracht. Erste Schiffe fahren auch schon mit Hybridsystemen von mtu. Allerdings sind Ökonomie und Ökologie da nicht Hand in Hand gegangen. Wir kommen jetzt langsam an den Punkt, an dem sich ein hybrides System tatsächlich auszahlt. Batteriespeicherkapazität ist für immer weniger Geld zu bekommen. Aber auch in der Entwicklung haben wir in den vergangenen Jahren viel gelernt, sodass wir unseren Kunden jetzt ein attraktives Angebot machen können.
Wo liegt die größte Herausforderung auf dem Weg zu serienreifen mtu-Hybrid-systemen?
Für Züge haben wir schon ein serienreifes System, bei Yachten und Microgrids sind wir auf dem Weg, da arbeiten wir noch an der Kostenstruktur. Interessanterweise ist die Technologie nicht unsere größte Herausforderung – die Entwicklung eines Dieselmotors ist wesentlich komplexer als die eines Hybridsystems. In der letzten Zeit haben wir uns vor allem darum bemüht, zu verstehen, wie unsere Kunden unsere Systeme einsetzen möchten, damit wir diese bestmöglich mit entsprechenden Eigenschaften und Funktionen ausstatten und integrieren können. Jetzt sind wir so weit, ihnen zuverlässig funktionierende und smarte Gesamtlösungen - ob Microgrid, Antriebssystem oder Energieversorgungsanlage im Schiff – zur Verfügung stellen zu können. Nun geht es darum, mit Referenzen im Markt sichtbar zu werden und die Kunden vom Nutzen dieser Lösungen zu überzeugen.