Wie sieht ein typischer Arbeitstag für Sie aus - falls es einen solchen gibt?
Tatsächlich gibt es in dieser Branche keinen typischen Arbeitstag. Man geht zu Bett und hat einen groben Plan für den kommenden Tag. Doch wenn man am nächsten Morgen aufwacht, ist alles anders.
Da wir aber ein Charterboot sind, kann ich trotzdem ein wenig über unsere Struktur an Bord erzählen. In der Regel stehen wir gegen fünf oder sechs Uhr morgens auf. Jedes Besatzungsmitglied hat seinen eigenen Aufgabenbereich. Ich befinde mich im ständigen Austausch mit allen Besatzungsmitgliedern und übernehme die grundsätzliche Planung, was wir an diesem Tag unternehmen werden und was es zu erledigen gilt.
Nach dem Frühstück machen wir normalerweise unseren ersten Ausflug. Das kann zu den schwimmenden Schweinen, den Haien, dem Lazy River oder einem anderen Ort sein. Nach dem Mittagessen können die Gäste dann entweder Wassersport machen, schwimmen gehen oder wir machen einen weiteren Ausflug.
Ich stehe mit jedem an Bord im Austausch, um sicherzustellen, dass alles reibungslos läuft. Ich interagiere mit den Gästen und sorge dafür, dass sie zufrieden sind. Aber ich schaue auch nach meinem Team. Wir tun das, was wir tun, weil wir es lieben, und ich möchte sicherstellen, dass es auch ihnen gut geht.
Was mögen Sie an Ihrem Job am meisten?
Was ich an meiner Arbeit am meisten liebe sind die Beziehungen, die ich zu meinen Besatzungsmitgliedern habe. Wir sind wie eine kleine Familie und wir haben an Bord ein Umfeld geschaffen, in dem sich jeder wohlfühlt.
Oft kommen sogar Leute auf mich zu und wollen wissen, ob ich eine Stelle auf der Yacht frei habe. Das ist ein ziemliches Kompliment für mich. Nicht auf allen Schiffen ist das Miteinander so kameradschaftlich. Ich habe lange gebraucht, um ein solches Umfeld zu schaffen, aber die Tatsache, dass wir es haben, bedeutet mir sehr viel.
Auf der einen Seite ist der Umgang mit meiner Mannschaft manchmal der schwierigste Teil meiner Arbeit. Aber auf der anderen Seite sind es genau diese Beziehungen, die das lohnenswerteste in meinem Beruf sind.
Es ist nie einfach, mit vielen Menschen und unterschiedlichen Charakteren umzugehen.
Ganz genau. Es kommen viele unterschiedliche Persönlichkeiten, Hintergründe und Altersgruppen zusammen und das macht das Miteinander nicht immer leicht.
Was ich an meinem Beruf ebenfalls sehr liebe, ist die Navigation und die Handhabung der Yacht. Ich liebe es, durch ein neues Gebiet zu manövrieren, Karten zu studieren und Pläne zu machen. Die Navigation ist für mich sehr bereichernd.
Außerdem liebe ich auch das ganze Drumherum, alles was mit dem Umgang auf einem Charterboot zusammenhängt. Auf einem vielbeschäftigten Charterboot wie unserem, gibt es immer viel zu tun. Man steht in ständigem Kontakt mit dem Crew-Management außerhalb des Bootes, dem Lieferantenmanagement, den Managern beziehungsweise dem Eigner der Yacht und mit zukünftigen Chartergästen. Ganz zu schweigen von allem, was es mechanisch auf dem Boot zu regeln gilt.
Während Ihrer Arbeit besuchen Sie wahrscheinlich viele schöne Orte: Welcher dieser Ort fasziniert Sie am meisten?
Ich liebe Kuba, weil die Menschen dort unglaublich sind. Aber die Bahamas sind mein Zuhause in der Fremde. Einige Leute hier sind für mich zu Familie geworden.
Vor ein paar Monaten hatte ich einen Notfall auf See, bei dem sich mein Maat die Hand gebrochen hat. Wir waren ziemlich weit draußen auf den äußeren Inseln, wo es keine medizinische Hilfe gibt. Aber fünf verschiedene Einheimische halfen mir, ihn vom Schiff und in ein Flugzeug zu bekommen, damit er in den Staaten operiert werden konnte.
Die Beziehungen, die ich hier aufgebaut habe, sind einfach unglaublich. Als ich wegen eines Notfalls anrief, ließen sie alles stehen und liegen und waren sofort für mich da. Es ist nicht die Landschaft, die einen Ort ausmacht, sondern vielmehr sind es die Menschen, die dort leben.
Auch navigatorisch sind die Bahamas eine Herausforderung für mich. Sie gehören zu einem der schwierigeren Gebiete, um sich auf See zurechtzufinden und ein Schiff zu navigieren.
Inwiefern?
Das Wasser ist sehr flach und es gibt viele unkartierte Korallenriffe, was ein wenig heikel sein kann. In der Regel sind wir nicht nachts unterwegs, außer es lässt sich wirklich nicht vermeiden. Vieles davon ist jedoch kartografiert und ich kenne meine Routen und die Hindernisse in diesen Gebieten ziemlich gut. Dennoch muss man als Kapitän seine Routen vorab festlegen und sich dann informieren, welche Schwierigkeiten auf dem Weg liegen.
Haben Sie viele weibliche Kollegen in Ihrer Besatzung oder die ebenfalls Kapitänin sind?
Meine beiden Deck Stews sind weiblich. Daher sind wir gleichermaßen aufgestellt: In meinem Team gibt es drei Männer und drei Frauen.
Was möchten Sie Frauen raten, die in der maritimen Branche arbeiten oder dort arbeiten möchten?
Dafür die richtigen Worte zu finden, ist sehr schwer. Aber wir alle sind es uns schuldig, unsere Träume zu verfolgen. Ganz gleich, ob es in einem maritimen Bereich ist oder in einer völlig anderen Branche. Wenn Sie erst einmal etwas gefunden haben, wofür Sie sich begeistern, wird sich der Rest von selbst ergeben.
Wenn Sie Selbstzweifel bekommen: Machen Sie trotzdem weiter und geben Sie sich selbst nicht auf. Manchmal hilft es, sich einen Cheerleader von außen zu suchen, der unterstützen und stärken kann. Ich habe meinen Traum verfolgt und bin auf dem Weg dorthin durch einige schwierige Phasen gegangen. Es war kein leichter Weg dorthin zu gelangen, wo ich jetzt im Moment bin. Aber ich bin so glücklich, wie nie zuvor.