Wunderwelt unter Wasser
Veröffentlicht am 04 August 2016 von Julica Jungehülsing, Bilder von Julica Jungehülsing, Calypso Reef Charters, Fotolia
Taucher-Traumziel und bedrohtes Paradies: Das Great Barrier Reef in Australien.
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ZustimmenMit einer Sauerstoffflasche auf dem Rücken durch das ewige Blau schwimmen, dabei bunte Korallen bestaunen und faszinierende Fische beobachten – wer einmal die Faszination der Schwerelosigkeit unter Wasser gespürt hat, den lässt sie nicht mehr los. Das Tauchboot Calypso Ten bringt Taucher zum Great Barrier Reef. In den Rümpfen des Katamarans sorgen zwei mtu-Motoren für einen schnellen und ruhigen Transfer zu den beeindruckenden Korallenriffen vor Australiens Küste.
Sauerstoffflasche und Bleigurt sitzen, ein letzter Blick auf den Druckregulator, dann nicken sich Marie-Laure und Christophe mit ihren Masken zu und springen vom Heck der Calypso Ten zu fünf anderen Tauchern ins Korallenmeer. Langsam sinken sie mit Divemaster David Eriaud in die Tiefe. 60 Kilometer jenseits der Küste von Port Douglas gleiten sie schwerelos durchs Blau des australischen Great Barrier Reefs. Zwischen leuchtenden Tropenfischen folgen sie einer Wasserschildkröte, über den Korallen schießen zwei Riffhaie davon. „Viele unserer Besucher erleben die tropische Unterwasserwelt auf dieser Tour zum ersten Mal”, erzählt Crewmitglied Lisa MacLeod und verteilt Masken und Flossen an Passagiere, die nicht tauchen, sondern über Korallengärten schnorcheln wollen. Für drei junge Chinesen ist nicht nur das Riff neu, sie springen auch zum ersten Mal in ihrem Leben in einen Ozean. Zwei Mädchen aus Brisbane sind zwar fast mit Meerblick groß geworden, aber so gespannt wie die übrigen Passagiere: „Schließlich erlebt man nicht jeden Tag Natur, die als eines der sieben Weltwunder bezeichnet wird.”
Bedrohtes Weltwunder
Mit 344.400 Quadratkilometern ist das Schutzgebiet rund um das umfangreichste Riffsystem der Welt beinahe so groß wie Deutschland. Die über 3.000 Korallenriffe des Great Barrier Reef Marine Parks umgeben extrem artenreiche Lebensräume, zu denen 600 Inseln, 150 Mangroveneilande, Seegraswiesen und Schwammwälder gehören. Mehr als 1.500 Fischarten sind in dieser größten von Lebewesen geschaffenen Struktur der Erde heimisch, darunter 133 Hai- und Rochenarten, außerdem Seesterne, seltene Muscheln und Seekühe. Die maritime Wunderwelt gehört seit 1981 zum UNESCO Weltnaturerbe, riskiert jedoch seit Jahren, als gefährdet eingestuft zu werden. Das empfindliche Ökosystem setzen nicht nur Wirbelstürme, Habitatverlust und Sedimente aus der Landwirtschaft unter Druck, sondern vor allem auch Klimawandel und das sich erwärmende Meer. Doch den Status „gefährdet” will Australien wenn möglich vermeiden; denn vom Tourismus rund um das Great Barrier Reef hängen 60.000 bis 70.000 Arbeitsplätze ab. Der Wirtschaftszweig ist umgerechnet 3,6 Milliarden Euro wert. Die Angst, Besucher könnten ausbleiben, ist so groß, dass die Regierung im Mai 2016 sogar jede Erwähnung bedrohter australischer Natur aus einem Unesco-Report zum Klimawandel streichen ließ. Ein Manöver, das eher gegenteiligen Erfolg hatte: Die Zensur rückte das Riff erst recht ins Rampenlicht.
„35 Prozent des nördlichen Riffs sind tot“
Hohe Wassertemperaturen haben Anfang 2016 für eine extreme Korallenbleiche gesorgt: Nur sieben Prozent des 2.300 Kilometer langen Riffsystems blieben vom „Hitzeschock” des bisher wärmsten Sommers aller Zeiten völlig verschont. Besonders die nördlichen Regionen zwischen Cairns und Papua-Neuguinea litten. „35 Prozent der nördlichen Riffe, die wir untersucht haben, sind tot”, fasste Professor Terry Hughes, Direktor vom ARC Centre of Excellence for Corral Reef Studies der James Cook Universität im Juni seine Beobachtungen in dieser Region zusammen. Die Korallen im Süden haben sich deutlich besser erholt, fand der Wissenschaftler: „Dort sind nur etwa fünf Prozent dauerhaft zerstört.”
Als Ursache für die bisher schwerste Korallenbleiche gelten ein El Niño-Jahr und durch globale Erwärmung bedingt höhere Wassertemperaturen. Die Wärme beeinflusst zunächst die winzigen Algen, Zooxanthellen, die mit den Korallen in Symbiose leben: Sie produzieren im Hitzestress Gifte, woraufhin die Weichtiere sie abstoßen. Ohne Zooxanthellen verlieren die Korallenstöcke jedoch ihre Farbe und werden weiß. Sinkt die Temperatur anschließend, können sich neue Algen ansiedeln und die Korallen überleben. Langzeitstudien nach ähnlichen Bleichen 1998 und 2002 zeigten, dass einige Nesseltiere Resistenzen gegenüber dem Temperaturstress ent-
wickeln und sozusagen „lernen” damit umzugehen. Konstante Erwärmung allerdings erhöht das Risiko dauerhafter Schäden.
Am Opal Reef östlich von Port Douglas schwappen kleine Wellen über die Außentreppen der Calypso Ten. „Normalerweise wäre das Wasser jetzt im Juni nur noch 22 Grad warm”, sagt Lisa MacLeod, die gerade für ihr Kapitänspatent gut 1.000 Stunden auf See verbracht hat. Jetzt steht sie barfuß im Heck und behält die Taucher im Blick. „Aber wir messen hier immer noch 26 Grad.” Angenehm für die Schnorchler, die sich flossenschlagend vom Katamaran entfernen – schlecht für die Korallen, die kühleres Wasser brauchen, um sich zu regenerieren. Die Fischwelt am Ankerplatz, den die Taucher „Bashfull Bommie” getauft haben, scheint bislang kaum beeinträchtigt. Einige Schnorchler folgen Rhiannon Percival über breite Tellerkorallen zu einer gigantischen Riesenmuschel und warten bis sich deren Schalen öffnen. Die Tauchlehrerin erklärt der staunenden Gruppe, wie die Muschel Schwebstoffe durch ihre türkis gemusterten Mantellappen filtert. Gefolgt von einem Respekt einflößenden Napoleon-Lippfisch schwimmen die Schnorchler zurück zum Boot.
mtu-2000er an Bord
Auch Marie-Laure, Christophe und die Tieftaucher sind wieder an Deck. Beim Mittagessen vergleichen sie die Erlebnisse ihrer ersten Ausflüge im Meer. Kapitän Tony Jones und sein Team zählen durch, ob alle 45 Gäste wieder an Bord sind. Erst dann lässt der Skipper für die Fahrt zum dritten Tauchort die beiden 720 Kilowatt starken mtu-Motoren der mtu-Baureihe 2000 wieder an. Dank moderner Common-Rail-Einspritzung, bei der Einspritzbeginn, -menge und -druck frei geregelt werden können, verbraucht der Motor wesentlich weniger Kraftstoff als sein Vorgänger. Das ist Kapitän Jones wichtig, denn der Kraftstoffverbrauch bestimmt zum großen Teil die Wirtschaftlichkeit seines Bootes.
Für Jones und sein Team hat der Arbeitstag schon lange vor dem Auslaufen begonnen. Zur Crew gehören an diesem Tag sieben ausgebildete Tauchlehrer, die nebenbei Gäste verpflegen, Neulingen den Gebrauch von Schnorchel und Maske sowie die Besonderheiten des Riffs erklären. Um sieben Uhr früh haben sie begonnen, die Yacht vorzubereiten, Sauerstofftanks und Ausrüstung geprüft. Rob Francis ist in die Rümpfe des 24 Meter langen Katamarans zu den beiden MTU-8-Zylindern geklettert, hat Kühlwasserstand, Diesel und Öl gecheckt. 320 Liter verbraucht jeder Motor auf dem Tagestrip zum Riff und zurück. „Das ist bei unserer Geschwindigkeit eine effiziente Leistung”, sagt Jones. Langsam hat der Australier das Boot am Morgen aus der Marina gesteuert, erst jenseits der Küste fährt er auf 22 Knoten hoch. Seit 18 Jahren ist er Kapitän der Calypso Reef Charters, ein Betrieb, den sein Vater Graham vor über 22 Jahren aus Leidenschaft zum Segeln gründete. Außer ihm gehören zwei Brüder und eine Schwägerin zur Calypso &Tropical Journeys-Familie, die auch Ausflüge in den Regenwald und Segeltörns zu vorgelagerten Inseln organisiert.
Zwei Unesco-Naturerbe dicht beieinander
„Nordqueensland ist der einzige Ort der Welt, an dem zwei von der Unesco als Weltnaturerbe geschützte Regionen derart dicht beieinanderliegen”, erzählt Rhiannon Percival unterwegs. Die dichte Vegetation des Daintree Regenwaldes wuchert an vielen Stellen bis ans Ufer, oft trennt nur ein schmaler Strand Palmenwälder oder Farndschungel vom Meer. Im Daintree nördlich von Port Douglas sehen viele Australienurlauber ihr erstes Krokodil. Sie hören den flötenden Gesang tropischer Vögel, die oft so farbenfroh sind wie die Papageienfische, die ein paar Kilometer weiter östlich am Kalk der Korallen knabbern. Rhiannon faszinieren auch Flora und Fauna im Regenwald, doch wie den meisten Tauchfans sind ihr Ausflüge zu Korallengärten und Tropenfischen lieber. Ihr Kollege Rob Francis hat sich Hammerhaie, Walhaie und Taucher sogar auf den Oberarm tätowieren lassen. „Ich könnte mir keinen besseren Job vorstellen”, strahlt der gebürtige Engländer überzeugend: „Was könnte genialer sein, als dafür bezahlt zu werden, andere Menschen vom Tauchen im Ozean zu begeistern?”
Penske Power Systems ist zur Stelle
Nach dem letzten Schnorcheltrip am Opal Reef strecken sich die Passagiere erschöpft auf den Sonnenliegen an Deck aus. Divemaster David Eriaud sitzt zwischen seinen Tauchern in der Kabine, stempelt PADI-Pässe und hilft Fische zu identifizieren, die sie in der Tiefe gesehen haben. Ein Stockwerk über ihnen startet Tony Jones die mtu-Motoren und nimmt Kurs auf die Küste. Seit Tropical Journeys die blauweiße Calypso Ten im März 2015 in Betrieb nahm, ist sie beinahe jeden Tag unterwegs – 50 bis 60 Kilometer hinaus durch die oft hohe Pazifikdünung und zurück in die Marina. Verlässlichkeit ist oberstes Gebot. „Falls es ein Problem gibt, sind die Leute von Penske Power Systems aus Cairns zur Stelle”, sagt Jones über das Unternehmen, das die mtu-Motoren in Australien verkauft und wartet. „Sie kommen regelmäßig zur gründlichen Wartung in die Marina und checken wenn nötig die Maschinen auch unter Belastung auf See.”
Am Nachmittag bläst zwischen Küste und äußerem Riff ein frischer Wind. „Ideal sind Tage, an denen nur eine leichte Brise das Wasser kräuselt. Heute haben wir knapp 15 Knoten, eine durchschnittliche Windstärke hier draußen”, erklärt Lisa MacLeod und duckt sich, als eine Fontäne Salzwasser über die Reling schießt. Erst wenn ein Sturm mit über 30 Knoten bläst, bleibt die Calypso Ten im Hafen. „Dann ist es kein Spaß mehr, und die Passagiere sind ja zum Vergnügen hier, nicht für einen Härtetest.”
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