Glückwunsch zur erfolgreichen Inbetriebnahme der „Willem Barentsz“. Wie fühlt es sich an, auf einer mit Gas betriebenen Fähre zu fahren?
Bisher bin ich sehr zufrieden. Die Gas-Motoren sind leise, sie erzeugen keine Vibrationen und keinen Lärm. Man hört nur die verschiedenen Lüftungsventilatoren im Fahrgastraum. Außerdem entfällt der unangenehme Geruch, den man von Dieselmotoren kennt. Und es entsteht kein schwarzer Rauch. Das sind alles sehr angenehme Eigenschaften!
Und für den Kapitän? Ist es eine große Umstellung, vom gewohnten Diesel-Antrieb ein mit Gas betriebenes Schiff zu manövrieren?
Die neue Fähre ist unser erstes Schiff in der Flotte, das Gasmotoren hat. Das ist schon eine Neuheit. Unsere Kapitäne mussten entsprechend geschult werden und sich an die Manövriereigenschaften des Schiffes einschließlich des effizienten Veth-Antriebssystems zu gewöhnen. Aber wir können jetzt schon sagen, dass der Gasmotor ein ähnliches dynamisches Verhalten wie der Dieselmotor zeigt. Deshalb ist das Manövrieren der Fähre keine große Umstellung.
Inwiefern leistet die Willem Barentzs einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit?
Das Schiff besteht komplett aus Aluminium. Dadurch ist es leichter und verbraucht weniger Kraftstoff als konventionelle Fähren. Bemerkenswert ist auch das Motor-Abwärme-Rückgewinnungssystem. Normalerweise verschwindet die Restwärme einfach in der Luft oder wird ins Meer abgeleitet, nicht aber bei diesem neuen LNG-Fährschiff. Es verfügt über ein Restwärme-Rückgewinnungssystem, das die Wärmeenergie sowohl aus dem Kühlsystem des Motors als auch aus den Abgasen nutzt. Die beiden Orcan-Einheiten liefern den gesamten elektrischen Energiebedarf des Bugstrahlrudersystems und decken einen Teil des normalen elektrischen Bedarfs an Bord. Das vermeidet pro Einheit jährlich 318 Tonnen CO2 und reduziert den Treibstoffbedarf um 260.000 Liter Treibstoff.
War es schwierig, die Gasinfrastruktur im neuen Schiff einzurichten?
Das Einrichten der Gasinfrastruktur war schon eine Herausforderung, insbesondere, weil bei Passagierschiffen höchste Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen. Die Installation aller Sicherheitssysteme – z.B. Ventilatoren, Brandschutz- und Gaswarnsysteme – und deren Integration in das gesamte System erforderten eine Menge Arbeit. Aber es ist uns gelungen und ich kann bereits sagen, dass das System, wenn es einmal in Betrieb ist, einfach zu handhaben ist.
Warum haben Sie sich für mtu-Motoren von Rolls-Royce entschieden?
Ursprünglich war das gar nicht unser Plan. Ich wusste, dass bei Rolls-Royce an Gasmotoren gearbeitet wird, aber es schien, als ob unser Plan zeitlich nicht mit ihrem Entwicklungsprogramm zusammenpasste. Wir haben uns deshalb zunächst auf einen anderen Motor konzentriert. Dann kam Wouter Hoek von MTU Benelux auf mich zu und sagte, es gebe von Seiten Rolls-Royce Interesse an einer Zusammenarbeit. Sie seien bereit, einen Zahn zuzulegen und unser Projekt für den Start ihrer Gasmotoren-Entwicklung auszuwählen.
Eine gute Entscheidung?
Definitiv. Ich hatte vom ersten Tag an vollstes Vertrauen in Rolls-Royce. Ich kenne das Unternehmen schon lange. In der Schiffsindustrie ist Rolls-Royce mit seiner Marke mtu ja sowieso bekannt als Spezialist für Hochleistungsmotoren. Bei diesem Projekt hat das Unternehmen wirklich hervorragende Arbeit geleistet.
Warum haben Sie sich für LNG und nicht für eine vollelektrifizierte Fähre entschieden?
Wir haben darüber nachgedacht, sind aber zu dem Entschluss gekommen, dass das nicht umsetzbar wäre. Bei einer Verdrängung des Schiffs von 1100 Tonnen und einer 21 Seemeilen langen Route bräuchten wir eine große Menge an Batterien. Wahrscheinlich würde die Zeit zwischen den Abfahrten auch nicht ausreichen, um die Batterien wieder aufzuladen.
Haben Sie kritische Kommentare gegenüber dem LNG erhalten?
Ich werde oft gefragt, warum wir LNG (Liquified Natural Gas) wählen, weil es immer noch fossil ist. Die Leute sind eher interessiert, nicht kritisch. Ich betrachte LNG als einen Übergangsbrennstoff. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es genau der richtige Brennstoff, wie ich finde. Wir halten damit die bestehenden Richtlinien ein und es ist günstiger als die konventionellen Brennstoffe. Die Infrastruktur für LNG ist vorhanden, für Wasserstoff noch nicht. Und das ist ein großer Vorteil: Um den Brennstoff zur Marktreife zu bringen, muss die Infrastruktur vorhanden sein. Am besten wäre es, das LNG mit verflüssigtem Biomethan zu mischen oder sogar ganz zu ersetzen. Dann wäre der Betrieb nochmal deutlich sauberer.
Gibt es Aussichten, dass Bio-LNG bald verwendet werden kann?
Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg dorthin. In den nördlichen Regionen hier gibt es bereits Pläne, Bio-LNG zu produzieren. Es freut mich, dass sie das Vorhaben aktiv vorantreiben.
Wie soll ihre Flotte in Zukunft aussehen?
Unser nächstes großes Projekt wird es sein, unsere bestehenden Flotte zu überprüfen. Einige Schiffe werden wir ersetzen, aber wir werden uns auch mit der Umrüstung bestehender Antriebssysteme befassen. Hier sind wir offen für verschiedene Technologien, zum Beispiel Hybrid.
Die nächsten Schritte kommen in den nächsten Jahren. Wir sind zuversichtlich, dass es bald eine neue Gesetzgebung geben wird, um noch mehr für die Umwelt zu tun.