Unter Wien
Veröffentlicht am 13 April 2015 von Yvonne Wirth, Bilder von Robert Hack
Was macht die lebenswerteste Stadt der Welt eigentlich so lebenswert? In der österreichischen Hauptstadt Wien stimmt einfach alles.
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ZustimmenWas macht die lebenswerteste Stadt der Welt eigentlich so lebenswert? In der österreichischen Hauptstadt Wien stimmt einfach alles. Die historische Innenstadt gehört mit den alten sandfarbenen Gebäude, der Wiener Hofburg, der Oper, dem Riesenrad und dem Stephansdom, zum Weltkulturerbe. Das kulturelle Angebot, die aufgeschlossenen und freundlichen Menschen und die Sauberkeit erzeugen bei jedem ein Wohlgefühl. Und da sind die öffentlichen Verkehrsmittel der Wiener Linien – mit U-Bahn, Straßenbahn und Bus kommt man in jeden Winkel der Großstadt. Damit gerade in der U-Bahn im Notfall das Licht brennt, wird das komplette U-Bahn-Netz von derzeit vier mtu-Notstromaggregaten versorgt.
Zum siebten Mal in Folge wurde die österreichische Bundeshauptstadt in diesem Jahr zur international lebenswertesten Stadt der Welt gewählt. Wer einmal da war, wundert sich darüber nicht. Etwa die Hälfte der Stadt ist Grünfläche, die alten Gebäude laden zum Flanieren ein, die Donau zum Baden und auch der Gaumenschmaus kommt nicht zu kurz. Wer hier war, geht nicht, ohne ein original „Wiener Schnitzel“ und eine Sacher-Torte gegessen zu haben. Prunkvoll steht der Stephansdom inmitten der Innenstadt. Auf der Shoppingmeile, der Kärntner Straße, wimmelt es von Menschen. An vielen Ecken der Stadt sieht man die blauen Würfel mit dem großen „U“. Nach U-Bahnstationen muss man hier nicht lange suchen. Auch die gute Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln macht Wien für alle Altersklassen lebenswert. Den über 1,8 Millionen Wienern stehen mit der U1, U2, U3, U4 und U6 insgesamt fünf U-Bahn-Linien zur Verfügung. Insgesamt sind dies bereits 79 Kilometer Schienennetz – aber es soll zum Beispiel mit der U5 weiter wachsen. Dabei gehört die U-Bahn zu den jungen Hüpfern. Sie wurde erst 1978 erbaut und ist damit gerade mal knapp 40 Jahre alt. Im Vergleich: die vier ältesten europäischen U-Bahnen in London, Budapest, Glasgow und Paris sind bereits zwischen 1860 und 1896 in Betrieb gegangen.
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Betrieben wird die U-Bahn in Wien von den Wiener Linien. „Die Wiener U-Bahn ist das beliebteste Verkehrsmittel der Stadt Wien“, freut sich Reinhard Glaser, Technischer Referent bei den Wiener Linien. „Täglich fahren bis zu eineinhalb Millionen Menschen damit – Tendenz steigend.“ Zur Arbeit, zur Schule, als Tourist oder zum Ausflug mit dem Kindergarten – man sieht alle Altersklassen in der Wiener U-Bahn. Große Eingänge, Marmorböden und moderne Kunst stechen einem beim Betreten der Stationen ins Auge. Mit Rolltreppen geht es vom Tageslicht in die genauso hellen, mit Neonlicht erfüllten U-Bahn-Stationen hin zu den Bahngleisen. Innerhalb weniger Minuten sausen die „Silberpfeile“, wie die U-Bahnen unter den Einheimischen genannt werden, in die U-Bahn-Stationen ein. Zuerst hört man in den dunklen Röhren ein donnerndes Rollen, dann das Rattern auf den Schienen. Die silbernen U-Bahnen schießen rein, begleitet von einem ziemlichen Windstoß und quietschenden Bremsen. Türen gehen auf, ein Schwall Passagiere steigt aus, mindestens genau so viele wieder ein. Bis zu 80 Kilometer pro Stunde erreichen die U-Bahn-Züge. Es ist Rush Hour – die Menschen müssen zur Arbeit. Ein wildes Gehetze vom einen auf den anderen Zug. Die verschiedenen Schuhsohlen klackern auf den Boden, das Stimmen-Wirr-Warr hallt nach, dazu Ansagen aus den Lautsprechern. Klack – die Türen schließen, ein Zischen und die U-Bahn verschwindet in der dunklen Röhre genau so schnell wie sie gekommen war. Verpasst man einen Zug, kommt in wenigen Minuten der nächste. „Das Besondere an der Wiener U-Bahn sind die sauberen Stationen, die dichten Intervalle und die hohe Zuverlässigkeit der U-Bahn“, erklärt Glaser. „So kommen die Fahrgäste schnell durch die Stadt.“ In den Stationen wird den Fahrgästen auch einiges geboten. Die U-Bahnhaltestelle Karlsplatz ist mit Marmorboden geziert. Leuchtschilder weisen den Weg zu den unterschiedlichen Linien und Sehenswürdigkeiten. Selbst in den Toiletten spielt die klassische Opernmusik. Beleuchtete Reklameschilder, riesige Bildschirme mit den aktuellsten Nachrichten aus aller Welt, Leuchtschrift auf dem Boden – Strom ist hier wichtig.
Im Falle eines Stromausfalles würden die Notstromaggregate die Stromversorgung sichern.
„Im Normalfall erfolgt die Stromversorgung über eine Haupteinspeisung beziehungsweise kann auf eine Reserveeinspeisung umgeschaltet werden“, erläutert Glaser den Vorgang. Damit aber auch im Falle eines Stromausfalles alles weiter funktioniert, versorgen vier mtu-Notstromaggregate die U-Bahn Stationen mit Strom. „Im Falle eines Stromausfalles würden die Notstromaggregate die Stromversorgung sichern. Das bedeutet, dass die Lichtanlagen, Fahrtreppen, Steuerungsanlagen, Signalanlagen und zentralen Durchsagen der zentralen Leitstelle weiter funktionieren würden“, erklärt Glaser. So fahren zum Beispiel die Aufzüge an einen vordefinierte Haltepunkt, öffnen automatisch die Türen und lassen die Fahrgäste aussteigen. Die Stationsbeleuchtung bleibt ebenfalls in vollem Umfang erhalten. Dadurch können die Personen sicher aus den U-Bahn-Stationen evakuiert und anschließend diese geschlossen werden. Um die einzelnen U-Bahn-Stationen mit genügend Strom zu versorgen, werden pro U-Bahn-Linie bis zu zwei Megawatt Leistung benötigt. Dies wäre für die U-Bahn-Züge an sich zu wenig. Sie bleiben im Falle eines Stromausfalles einfach stehen.
Einmal im Monat gibt es einen Testlauf, um den Ernstfall zu simulieren.
Motoren an Ort und Stelle
Seit 2003 sorgen mtu-Notstromaggregate für die Sicherheit in der U-Bahn. Die ersten drei mtu-Motoren vom Typ 20V 956 TB32 wurden 2003 installiert. Sie stehen direkt in den U-Bahn-Stationen Karlsplatz, Schottenring und Praterstern. Jeder der Motoren liefert hier eine mechanische Leistung von 4.400 Kilowatt. Die Motoren stehen in unterirdischen Maschinenräumen, die Schallfilteranlagen in schön designten Gebäuden im Freien. Wie zum Beispiel am Karlsplatz, einem der Verkehrsknotenpunkte in Wien. Kein Passant würde denken, dass sich hier in einem Keller ein drei Meter hoher und 21,5 Tonnen schwerer, blauer mtu-Koloss versteckt. Dank der Isolierungen hört man von den Motoren nichts, auch nicht wenn sie im Betrieb sind. „Einmal im Monat gibt es einen Testlauf, um den Ernstfall zu simulieren“, erklärt Michael Tomes, der für die Projektabwicklung beim mtu-Distributor K&W zuständig ist. „Die Motoren werden beim Probelauf mit einer Auslastung von 80 Prozent betrieben.“ Bisher gab es zum Glück noch keinen Stromausfall, aber die Motoren würden funktionieren wenn sie gebraucht werden würden. 2013 folgte ein Motor der neuen Entwicklungsstufe 16V 956 TB33 mit einer mechanischen Leistung von 5.000 Kilowatt. Dieser steht auf dem Betriebsgelände Wasserleitungswiese. Alle vier zusammen versorgen im Moment das komplette U-Bahn-Netz in Wien.
Gerade in diesem Notstrom-Segment ist jeder Motor ein Unikat.
Der Sonderling 956
Der mtu-Distributor K&W installiert und wartet die Motoren. „Wenn die Motoren neu eingesetzt werden, haben wir einen fünf-Jahres-Servicevertrag mit den Wiener Linien“, erzählt Tomes. „Danach wird jährlich neu ausgeschrieben.“ Die K&W-Monteure werden extra für den Einsatz am 956er geschult. „Das Besondere an diesen Motoren ist die beeindruckende Größe“, freut sich Lukas Sajdak, Servicemechaniker bei K&W. „Technisch hat der Motor einiges zu bieten: Er wird über das mtu-eigene Motorkontrollsystem ADEC-Uni überwacht und kontrolliert, er hat acht integrierte Turbolader und ein Luft-Starter-System, mit welchem die Anlage in unter zehn Sekunden startet.“ Für mtu waren die Motoren für die Wiener U-Bahn eine Herausforderung. „Wir mussten die Motoren zum ersten Mal technisch für eine solche Notstromanwendung auslegen“, erzählt Projektkoordinator Giovanni Coiro von MTU Friedrichshafen. „Davor wurden die 956er-Motoren nur in Schiffen und Kernkraftwerken eingesetzt. Hier werden ganz andere Anforderungen benötig.“ Vor allem die Selbstüberwachung des Motors spielte hier eine Rolle, da bisher der Regler an eine externe Quelle angeschlossen war. „Mit Hilfe der neuen ADEC-Uni-Regler wurde der Motor so ausgelegt, dass er die Signale gleich auswerten konnte, um darauf entsprechend zu reagieren.“ Die Wiener Linien haben damit einer der ersten 956er-Motoren für eine solche Art des Notstroms bekommen. „Gerade in diesem Notstrom-Segment ist jeder Motor ein Unikat“, erzählt Coiro. „Anders wie bei den Serienprodukten muss hier jeder Motor speziell auf die Anforderungen des Kunden angepasst werden.“ Im Falle der Wiener U-Bahn waren diese Anforderungen klar: der Strom muss fließen, um allen Menschen einen sicheren Weg aus den Stationen zu gewährleisten.
mtu in Wien
Zukunftsmusik
Um Wien lebenswerter zu machen, wird die U-Bahn in Zukunft weiter ausgebaut werden. Die U2 soll in den kommenden Jahren erweitert werden und auch die U5 wird gerade geplant. Die Verlängerung der U-Bahn-Linie U1 ist bereits im Bau, damit die Wiener zum Entspannen in die Therme Wien fahren können und zehntausende Menschen im Süden Wiens besser ans Zentrum angebunden sind. In diesem Sommer soll auf dieser Strecke bei der Station Neulaa ein neues Notstromaggregat von mtu in Betrieb genommen werden. Auch dieser 16V 956 TB33 wird seine mechanischen Leistung von 5.000 Kilowatt unter der Erde verstecken. Der extra für die Wiener Linien angefertigte Maschinenraums ist bereits fertig. Er wartet nur noch auf sein schweres, blaues, eisernes Herz.
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