Guter Kindergarten und breites Freizeitangebot
Die Männer in der Fahrleitzentrale sind guter Stimmung. Sie erzählen, dass sie schon seit 30 Jahren in Aichal leben. Das schönste Hobby, welches am meisten entspannt, sei es, in der Taiga auf Jagd zu gehen. Und die Ehefrauen? Die seien gerne mit Langlaufskiern unterwegs. Das Unternehmen Alrosa tut sehr viel, um den 13.000 Einwohnern des Dorfes Aichal das Leben etwas zu versüßen. Es gibt einen sehr gut ausgestatteten Kindergarten, eine Eisbahn, ein Schwimmbad, eine Sporthalle und ein neugebautes Kulturhaus, indem Chöre und Tanz-Gruppen proben.
Mit 50 „in Rente“
Die Arbeiter in der Fahrleitzentrale erzählen, dass sie beide schon Rentner sind, aber wegen der Rente von nur 330 Euro noch arbeiten müssen. In Russland gingen die Männer bis 2018 mit 60 Jahren in die Rente. Für die Russen, die im hohen Norden leben, gibt es einen Renten-Bonus. Einen zusätzlichen Bonus bekommen die, welche im Tagebau unter 150 Metern arbeiten. Für Mechaniker in den Alrosa-Werkstätten bedeutet das, dass sie bisher mit 55 Jahren in Rente konnten. Die beiden Arbeiter in der Leitzentrale gingen mit 50 beziehungsweise 45 in Rente, weil sie im Tagebau arbeiteten.
Die größte Entschädigung für ein Leben in der Einöde ist ein guter Lohn. Die beiden Kipper-Fahrer Michail und Jefgeni verdienen 1.800 Euro im Monat. Sie erzählen, dass sie einmal im Jahr in Urlaub fahren, nach China, Thailand oder Montenegro. Viele haben auch eine Wohnung in einer wärmeren Region von Russland, „auf dem Festland“ wie man in Aichal mit ironischem Unterton sagt. Sobald man in Rente ist und die finanzielle Situation es zulässt, wollen die meisten Aichal verlassen. Es kämen aber auch immer wieder neue, junge Arbeitskräfte, versichert Fuhrparkleiter Lapygin: „Guter Lohn lockt.“ In Aichal leben heute 13.000 Menschen. 4000 von ihnen arbeiten im Diamanten-Kombinat, davon allein 1.000 im Transportsektor. Die bunt-bemalten Plattenbauten in Aichal wurden erst in den 1980er Jahren gebaut. Davor gab es nur Holzhäuser. Und davor lebten die Geologen und Bauarbeiter, welche die Stadt und den Tagebau anlegten, in Zelten. Aufwendige medizinische Einrichtungen - etwa für Geburten – gab es bis in die 1980er Jahre nicht.
Mücken, Schlamm und Permafrost
Die Wetterbedingungen am Polarkreis sind extrem. Der Boden ist sieben Monate im Jahr gefroren. Im Sommer taut der Boden einen halben Meter auf. Aichal ist im Sommer noch abgelegener als im Winter. Denn mit dem Auto kommt man nur noch bis zum Flughafen in Polarnoje und zur 500 Kilometer entfernten Stadt Mirny, in der sich der Hauptsitz von Alrosa befindet. Weiter geht es nicht, da die Straßen im Sommer verschlammt sind und Aichal nicht an das Netz von russischen Fernstraßen angeschlossen ist. Nicht einfach ist deshalb die Versorgung der Stadt mit ihren drei Diamanten-Gruben und zwei Diamanten-Aufbereitungsanlagen.
Verbesserte Wartung durch Spektralanalyse des Motoröls
2005 wurden die ersten vier 136-Tonnen-Muldenkipper mit mtu-Motoren in Aichal angeliefert. „Damals schickten wir fünf Mitarbeiter nach Südjakutien zu einem Kohletagebau zur Schulung, wo mtu-Motoren im Einsatz waren“, berichtet Chefingenieur Andrej Kajukow. Mit seinen 38 Jahren gehört er zum jüngeren Teil der Belegschaft. Einen großen Schritt habe man bei der Wartung der Motoren mit dem Erwerb eines teuren Ölspektralanalyse-Labors gemacht. Die Spektralanalyse des Motoröls weist jetzt metallische Partikel nach, die durch Abnutzung im Motor entstehen. Das lässt Rückschlüsse auf konkrete Schäden im Motor zu. Durch die Spektralanalyse habe man die Generalüberholung der Motoren wesentlich aufschieben können, berichtet der Chefingenieur. Empfohlen ist eine Generalüberholung des Motor nach 25.000 Motorstunden. Aber man habe jetzt einen mtu-Motor mit 40.000 Motorstunden und elf mtu-Motoren mit 33.000 bis 38.000 Motorstunden, bei denen es bisher nur kleine Reparaturen aber keine Generalüberholung gab. Zwei der mtu-Motoren, die man 2005 erhalten habe, seien immer noch im Einsatz. „Sobald wir im Motoröl irgendwelche Metall-Partikel finden, haben wir den Hinweis, wo der Fehler liegen kann,“ sagt Chefingenieur Andrej Kajukow.