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Brennstoffzelle bewährt sich im breiten Praxistest

Veröffentlicht am 07 April 2003

Die Brennstoffzellen-Anlage ‚HotModule' der mtu CFC Solutions GmbH befindet sich voll im Zeitplan auf dem Weg zur Serienfertigung.
  • Bisher zehn ‚HotModule' Brennstoffzellen-Anlagen installiert
  • Umweltfreundliche Strom- und Wärmeerzeugung
  • Hohes Marktpotenzial der Technologie
  • Hochlauf der Serienproduktion für 2006 geplant
  • Einfaches Funktionsprinzip mit hohen Entwicklungspotenzialen

Hannover - Die Brennstoffzellen-Anlage ‚HotModule' der mtu CFC Solutions GmbH befindet sich voll im Zeitplan auf dem Weg zur Serienfertigung. Bis heute hat das zum DaimlerChrysler Konzern gehörige Unternehmen zehn Feldversuchsanlagen nach Europa und in die USA ausgeliefert und installiert. Acht davon laufen derzeit in der Praxiserprobung, zwei Anlagen haben ihre Tests bereits hinter sich. 2003 werden weitere Anlagen ausgeliefert.

HotModule Anlagen laufen derzeit unter anderem beim Reifenhersteller Michelin, beim Energiekonzern RWE, bei der Telekom-Tochter DeTeImmobilien, sowie bei verschiedenen Industriebetrieben und Kliniken. Allein im Jahr 2002 wurden sechs der 250 kW starken Anlagen in Betrieb genommen. "Dies war ein bedeutender Schritt in Richtung Serienreife des HotModules", sagt Michael Bode, Geschäftsführer von mtu CFC Solutions.

Das HotModule ist eine Technologie, die als dezentrales Kleinkraftwerk entwickelt wurde und die sich nach über zehnjähriger Entwicklung derzeit in der Phase der Praxis-Erprobung befindet. Hierbei werden Anlagen dieser Art in unterschiedlichen Anwendungsbereichen auf ihre Alltagstauglichkeit getestet.

Umweltfreundliche Strom- und Wärmeerzeugung


Während die MTU Friedrichshafen, die Muttergesellschaft der mtu CFC Solutions GmbH, im Kerngeschäft Dieselmotoren und Antriebssysteme für Schiffe, Bahnen, Schwerfahrzeuge und für die dezentrale Energieversorgung herstellt, betreibt das Unternehmen die Entwicklung und Serienreifmachung des HotModules innerhalb einer langfristig angelegten Strategie. Wie Bode sagt, stellen "Brennstoffzellen für mtu langfristig gesehen eine Ergänzung des heutigen Produktprogramms dar, speziell im Bereich Energiesysteme." Als dezentrales Kleinkraftwerk ist die Anlage vor allem deshalb gut geeignet, weil sie außer Strom auch Hochtemperatur- Wärme generiert. Die Wärme wird für eine Vielzahl betrieblicher Prozesse benötigt, bei Michelin beispielsweise zur Erzeugung von Prozessdampf für die Vulkanisation von Reifen und in Kliniken etwa für das Sterilisieren und für die Klimatisierung.

Bereits die erste kommerzielle HotModule Feldversuchsanlage an der Universität Bielefeld erzielte Rekordergebnisse. Während ihrer Gesamt-Laufzeit von 16.000 Betriebsstunden erzielte die Anlage Rekordwerte: Sie lief länger als jede andere Karbonat-Brennstoffzelle zuvor und erreichte einen elektrischen Wirkungsgrad von 47 Prozent, ein Wert, der in der 250-Kilowatt-Klasse von keiner konventionellen Technologie erreicht wird.

Zum Vergleich: Moderne Gasmotoren der gleichen Größenklasse arbeiten mit einem mechanischen Wirkungsgrad von maximal 41 Prozent, die Umwandlung der mechanischen Energie in Strom noch nicht mit eingerechnet. Die heutigen mtu-Brennstoffzellen-Anlagen erreichen noch höhere Werte, in Wechselstrom-Netzen bis 48 Prozent und in Gleichstrom-Anwendungen wie bei DeTeImmobilien bis 50 Prozent.

Hohes Marktpotenzial der Technologie


Die Märkte für stationäre Brennstoffzellen ergeben sich aus den Möglichkeiten, die diese Technologie innerhalb der bestehenden Infrastruktur eröffnet. Der Brennstoff ist im wesentlichen Erdgas, wenngleich auch andere Gase verwendet werden können. Im Vergleich zu herkömmlichen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen hat das HotModule einen wesentlich höheren Wirkungsgrad und ist deutlich sauberer. Es erreicht derzeit eine elektrische Netzleistung von 230 Kilowatt bei einer Zellblock-Leistung von 270 Kilowatt. Hinzu kommen rund 180 kW thermische Energie. Insgesamt kann das HotModule damit einen Nutzungsgrad von über 90 Prozent erreichen. Die Schadstoff-Mengen, die die Anlage emittiert, sind so gering, dass man entsprechend der TA Luft von ‚Abluft' anstatt von ‚Abgas' redet. Die Abluft besteht hauptsächlich aus heißer Luft und Wasserdampf. Stick- und Schwefeloxide werden keine emittiert. Auch Kohlendioxid wird deutlich weniger ausgestoßen als bei herkömmlichen Kraftwerken.

Eine andere technische Eigenschaft des HotModules ist geeignet, mit dieser Brennstoffzelle über die bekannten Märkte hinaus auch vollkommen neue zu erschließen: Im Gegensatz zu anderen Brennstoffzellen kann das HotModule neben Erdgas auch mit anderen Brennstoffen, die Kohlenwasserstoffe enthalten, wie z.B. mit Biogas, Klärgas, Deponiegas, industriellen Restgasen und Methanol betrieben werden. "Damit eröffnen sich uns völlig neue Perspektiven," sagt Michael Bode. "Heute gehen viele dieser Gase in Industrie und Landwirtschaft völlig ungenutzt verloren oder werden bestenfalls thermisch genutzt. Das HotModule bietet eine hocheffiziente Möglichkeit, diese Gase zur Stromproduktion zu nutzen."

Hochlauf der Serienproduktion für 2006 geplant


Gegenüber anderen Brennstoffzellen-Technologien ist das HotModule aufgrund seiner Konstruktion und Bauart heute bereits vergleichsweise ausgereift und verhältnismäßig günstig herzustellen. Nicht zuletzt deshalb ist für das HotModule die Serienreife in Sicht, sagt Bode: "Mit jeder neuen Anlage sammeln wir wichtige Erfahrungen, die wir bei der weiteren Entwicklung, und vor allem im Hinblick auf die Serienreifmachung berücksichtigen. Vorläufiger Zielpunkt ist für uns dabei das Jahr 2006, für das wir den Hochlauf einer Serienfertigung planen."

Das HotModule ist im Vergleich zu anderen Brennstoffzellen schon heute verhältnismäßig günstig. Beim HotModule konnte das Unternehmen die Kosten je Kilowatt Leistung innerhalb weniger Jahre halbieren. Aber der Preis muss noch weiter sinken, meint Michael Bode: "Die Messlatte im Markt liegt hoch. Gasmotoren-Anlagen geben heute mit weniger als 1000 EURO pro Kilowatt Leistung die Ziellinie vor, obwohl sie deutlich geringere Wirkungsgrade als unser HotModule haben."

mtu CFC Solutions will mit ihrer Brennstoffzelle mittelfristig auf 1200 bis 1500 Euro je Kilowatt installierter Leistung kommen, um das HotModule wirtschaftlich interessant zu machen. Das Unternehmen richtet deshalb ein Hauptaugenmerk darauf, die Herstellungskosten der Anlage weiter zu senken. Dazu gehört zum Beispiel, die Brenngas-Aufbereitung durch technische Vereinfachungen zukünftig deutlich günstiger herstellen als heute. Auch die eigentliche Zelle nehmen die mtu-Techniker nochmals genau unter die Lupe. Geplant ist, deren Aufbau weiter zu vereinfachen, Material einzusparen, die Leistung der Zelle zu steigern und die Anzahl der notwendigen Schritte zur Fertigung von Zellen zu reduzieren. Das größte Einsparungspotenzial liegt jedoch in der Serienfertigung. "Jedes HotModule ist heute noch ein handgefertigtes Einzelstück, das von den Kosten mit seriengefertigten Produkten, wie Motoren, nicht zu vergleichen ist," sagt Bode. "Wenn das HotModule die Serienreife erreicht, sind nochmals 50 Prozent Kosteneinsparungen drin, so dass das Kostenziel erreichbar ist".

Einfaches Funktionsprinzip mit hohen Entwicklungspotenzialen


Das HotModule ist sehr einfach aufgebaut. Die gesamte Anlage besteht aus drei separaten Komponenten, einem zentralen Stahlkessel mit dem Brennstoffzellen-Stapel - dieser ist das eigentliche HotModule, das der gesamten Anlage ihren Namen gab -, einer vorgeschalteten Gasaufbereitung und einem Elektroteil, in dem der erzeugte Gleichstrom in Wechselstrom umgewandelt wird und die Anlagensteuerung untergebracht ist.

Das HotModule ist eine Karbonat-Brennstoffzelle, in deren Innerem eine Temperatur von 650 Grad herrscht. Die hohe Temperatur erlaubt es, auf teure Katalysatoren aus Edelmetall zu verzichten. Nickel reicht aus, um die Brennstoffzellen-Reaktion in Gang zu bringen. Bei 650 Grad stellt sich noch ein anderer Effekt ein: Werden innerhalb der Brennstoffzelle Erdgas und Wasser zusammengebracht, spaltet sich Wasserstoff ab, eben der Kraftstoff, der notwendig ist, um Brennstoffzellen zu betreiben und der bei Niedrigtemperatur-Brennstoffzellen in voluminösen Reformieranlagen erst teuer gewonnen werden muss. Der willkommenste Nebeneffekt aber findet sich in der Abluft des HotModules: 400 Grad Hitze, mit der sich Hochdruck-Wasserdampf erzeugen lässt, der wiederum für viele industrielle Prozesse benötigt wird.

Der eigentliche Kern der Anlage sind zirka 350 einzelne Zellen, die mtu derzeit von ihrem amerikanischen Partnerunternehmen Fuel Cell Energy Inc. bezieht. Sie werden hintereinander montiert und durch Zuganker zusammengehalten und bilden so den Zellstapel. Die einzelnen Zellen sind als flache Sandwiches gebaut. Hier umschließen zwei Elektroden (Anode und Kathode) eine Trägerfolie, die mit dem Elektrolyt Lithium-Kalium-Karbonat gefüllt ist. Wenn der Wasserstoff die eine Elektrode und Luft die andere bestreicht, kommt bei 650 Grad Celsius ein stromerzeugender Prozess in Gang. Dieser verläuft drucklos und mit niedrigen Strömungsgeschwindigkeiten. Durch die hohe Temperatur schmilzt der Elektrolyt und ermöglicht den Ionenaustausch: Die Karbonat-Ionen entladen sich an der Anodenseite und geben ein Sauerstoff-Atom ab, das sich mit dem vorbeiströmenden Wasserstoff zu Wasser (H2O) verbindet. Das verbleibende Kohlendioxid (CO2) kehrt zur Kathodenseite zurück, nimmt dort zwei Elektronen und ein Sauerstoff-Atom aus der vorbeiströmenden Luft auf und kehrt so als Karbonat-Ion (CO32-) erneut in den Prozess zurück.

Das HotModule ist, ebenso wie andere Brennstoffzellen-Typen, in seiner Entwicklung noch nicht abgeschlossen. Entwicklungsmöglichkeiten gibt es beim HotModule an verschiedenen Stellen. So arbeiten die mtu-Techniker daran, die Energiedichte der Zelle zu steigern und ihre Lebensdauer zu verlängern. Die einzelnen Zellen, die heute 0,7 kW leisten, sollen in Zukunft jeweils 1 kW Strom erzeugen. Auch sind die mtu-Ingenieure dabei, das HotModule noch flexibler zu machen. Es soll in der Lage sein, bei Störungen im Stromnetz, selbst bei totalem Stromausfall, im Inselbetrieb eigenständig weiter Energie zu erzeugen.

Technische Daten des HotModules


Brennstoff Erdgas, Biogas, Klärgas, Deponiegas, Industrielle Restgase, Methanol
Elektrische Leistung des Zellblock 270 kW
Elektrische Leistung der Anlage am Netz ca. 230 kW
Thermische Leistung der Anlage 180 kW
Elektrischer Wirkungsgrad Zellblock ca. 56 %
Gesamtnutzungsgrad > 90 %
Anzahl der Zellen ca. 350
Ablufttemperatur für Wärmenutzung ca. 400° C